
Es ist Zeit für dein kreatives Erwachen. Entdecke, wie lebendig es dich macht, etwas Kreatives zu schreiben und deine Texte mit anderen zu teilen. Als deine Mentorin begleite ich dich gerne auf deiner Schreibreise.
Ich kann kaum noch etwas schreiben, ohne darüber nachzudenken, wie erfolgreich es sein wird. Ich kann keinen Blogbeitrag verfassen, keinen Text, keinen Satz, ohne dass ich abwäge, wie viele Menschen ihn liken, teilen oder kommentieren werden. Ich habe in den letzten Jahren so viel Erfahrung auf Instagram und meinem Blog gesammelt, dass ich das mittlerweile recht gut vorhersagen kann. Und ich hasse diesen Umstand.
Ich hasse es, weil ich dann von vornherein schon weiß, was funktionieren wird und was nicht und ich mich am Ende immer fühle wie eine Dienstleisterin, die das sagt, was sich gut verkauft, statt das, was sie eigentlich sagen will. Manchmal sage ich auch, was ich sagen will, aber dann weiß ich, es wird nicht so populär sein, wie wenn ich noch einmal den Weichzeichner darüber jage. Und behalte damit meistens recht.
Fast alle meine Gedanken sind in ihrer rohen Version ungesehen. Die Versuchung ist immer da, sie für die Veröffentlichung anzupassen. Ich mache sie mundgerechter, mainstreamiger. Es ist nur so – je mehr ich das tue, umso weniger inspiriert fühle ich mich. Meine Kreativität liegt mir dann matt im Schoß, wie ein Hündchen, dressiert und gut frisiert.
Und dann ist die kreative Depression immer nur eine Handlänge entfernt. Wenn ich nicht kreativ sein kann, wenn ich nicht echt sein kann (und sei es nur durch die Beschränkungen, die ich mir selbst auferlege, denn niemand sonst verlangt diese Konformität ja von mir) – dann verfaule ich von innen. Ich brauche den Ausdruck durch Worte, er gehört zu mir, er verabscheut die Anpassung.
Mein Professor sprach letzte Woche in seiner Vorlesung über die Idee des Romans sinngemäß über den Graben zwischen dem, was anspruchsvoll ist und dem, was populär ist. Ha, dachte ich! Da hast du dein Problem. Wenn das, was du tun willst, nicht für die Masse taugt, dann wirst du eben nie populär sein. Und könnte mir das bitte, mit fast 37 Jahren, nicht endlich mal egal sein?
Patti Smith, Godmother of Punk, bitte flöße mir Mut ein!
Vor ein paar Tagen habe ich mir die Doku „Poesie des Punks“ angesehen, eine Arte-Produktion über die Poetin und Sängerin Patti Smith. Ich liebe Patti. Ich liebe ihr Buch „Just Kids“, ich liebe ihre Fotografien, ihre Poesie, ihre Musik und die Tatsache, dass sie ihr Leben nach ihrer Kunst ausgerichtet hat. Ich bin zahlende Subcriberin ihres Substacks-Kanal, denn wie selten ist es bitte, dass einem ein Idol, das schon in den 70-er Jahren groß war, wöchentliche Newsletter mit persönlichen Gedanken schickt?
Viele meiner Held*innen leben nicht mehr. Virginia Woolf, Silvia Plath, Stefan Zweig. Ihre Gedanken, ihre Bücher, sind Vermächtnisse, die sich nicht mehr verändern. Monumente, Statuen, eingefroren in der Vergangenheit. Man kann andächtig vor ihnen sitzen und davon träumen, sich mit ihnen unterhalten zu können. Aber Patti lebt und schreibt und teilt ihre Gedanken und das ist eine Ausnahme, ein Geschenk. In der Arte-Doku sagt Patti:
„Freiheit ist in mir, das heißt, ich richte mich nicht nach irgendjemandes Vorstellung davon, wie ich sein sollte. Ich stehe am Rand der Gesellschaft. Ich bin eine Künstlerin.“
Sie und ihre Band seien außerdem nie karriereorientiert gewesen, ihre Motivation speiste sich immer aus politischen, revolutionären und spirituellen Ideen. Und man glaubt es ihr. Der Frau, die manche ihrer Songs in ihren ekstatischen Performances mehr als zwanzig Minuten lang sang, die ihren Musikern verbot, an zwei Abenden hintereinander die gleichen Improvisationen zu spielen. Auch ihr erstes Album soll nicht dem Markt gefallen. Sondern Ausdruck ihrer Vision sein:
„Ich wollte ganz bewusst ein Album machen, das einer bestimmten Art von Menschen das Gefühl gibt, nicht allein zu sein. Menschen wie mir, die von klein auf an anders sind. Ich wollte nicht die ganze Welt erreichen und ein Hit-Album produzieren. Wenn es 100 Menschen gefallen hätte, wäre das großartig gewesen.“
Es ist diese Kompromisslosigkeit, die mich inspiriert. Diese Ignoranz, dieser Kontrapunkt zur Gefallsucht, dieses aus sich heraus etwas Schöpfen, ohne Rücksicht auf Konformität. Kann man ihrem Buch „Just Kids“ und der Doku glauben, dann ist all das aber natürlich auch zu einem hohen Preis gekommen. Patti schlief auf Parkbänken, wurde auf der Straße zusammengeschlagen, hungerte sogar für ihren Traum, als angehende Künstlerin in New York zu leben.
„Als ich jung war, war ich sehr arm. Ich machte mir immer Sorgen um den Reichtum meiner Fantasie. Materielles war mir nicht wichtig. Wichtig war nur, meinen Geist weiter zu entwickeln.“
Wichtig ist nur, den Geist weiter zu entwickeln. Ich fühl das so sehr. Und ich weiß, dass manche Menschen von mir sagen, dass ich genau das tue. Dass ich ein unkonventionelles Leben lebe. Dass es mutig ist, ein Buch zu schreiben und mutig ist, selbstständig zu arbeiten.
Aber ich weiß, dass es das in meinem Fall nicht ist. Dass ich beruflich selbstständig bin, ist kein Ergebnis meines Mutes, sondern einer Notwendigkeit, die mir meine chronischen Erkrankungen diktieren. Ich konnte nie angestellt arbeiten, weil Körper und Seele dazu einfach nicht verlässlich genug funktionieren. Also bleibt mir nur dieser Weg. Es ist nicht mehr ganz so mutig, wenn man keine andere Wahl hat.
Wieviel Freiheit steckt in einem Leben mit chronischer Erkrankung? Und wieviel Kunst?
Meine Erkrankungen haben mich vom Rand der Erde fallen lassen. „Ich habe noch nie so viel Leid am Stück gesehen“, hat mal eine Mitbewohner*in über mich gesagt. Sie war so gesund, wie man es in unserem Alter sein sollte und ihre Verwunderung darüber, wie gehandicapt ich durchs Leben ging, auf eine unverblümte Art und Weise echt.
Ja, es ist so, mein Leid hält mich vom Leben der anderen fern. Man sieht es mir nicht unbedingt an, wenn man mich nie in meinen eigenen vier Wänden erlebt hat. Der Ort, an den ich an den schlechten Tagen gefesselt bin. An den guten Tagen scheine ich dazuzugehören, zu denen, die in Bussen sitzen und Restaurants und Friseursalons. Aber ich bin es nicht. Ich bin nie einfach irgendwo an einem Ort. Es steckt immer eine Hürde, eine Überwindung, ein Schmerz und ein Aushalten darin. Es wird immer eine zusätzliche Kraft benötigt, Dinge zu tun, die gesunde Menschen keine Anstrengung kosten. Und vieles bleibt für mich unendlich fern.
Letzte Woche zum Beispiel sah ich einen Mann, einen Verkäufer, der die Blumen vorm Rewe ordnete. Es war ein Samstagabend, spät, die meisten Kund*innen schon wieder zuhause. Es blieb Zeit, die Waren aufzuräumen, die die einkaufswütige Masse im Laufe des Tages zerpflückt und durcheinandergebracht hatte. Dieser Verkäufer stand dort im Sprühregen und ordnete gelbe Tulpen, die in Klarsichtfolie eingewickelt waren. Und ich dachte: Was für eine Freiheit! Was für eine Freiheit, den eigenen Körper zur Verfügung zu haben, um damit zu arbeiten. Oh, einmal diese Freiheit kosten!
Für ihn war es vermutlich nicht einmal Freiheit. Für Menschen, die nicht krank sind, gibt es wahrscheinlich ganz andere Grenzen, die sich hinter dieser ersten auftun, hinter der ich noch stehe. Vermutlich fühlte sich der regennasse Samstag inmitten der Blumen für ihn an wie die engen Grenzen einer kleinen Welt, während er für mich das Tor zu unermesslicher Weite darstellte.
Früher hielten mich die Ängste ab, heute die Schmerzen #lebenmitreizdarm. Aber immer hält mich irgendetwas ab. Manchmal kommt es mir vor, als ob mein Leben immer ein Ringen um das Leben selbst ist. Dass ich nie an diesen Punkt komme, diesen Punkt, an dem man irgendwo steht, im Vollbesitz seiner geistigen und körperlichen Kräfte und sagt: „So, und was stelle ich nun mit meinem Leben an?“
Von diesem Punkt fantasiere ich, seit ich denken kann. Und staune, weil ich weiß, dass die Menschen, die an diesem Punkt stehen, ihn nicht einmal bemerken. Mein heiliger Gral ist für sie unsichtbar, muss es sein, denn ein gesunder Mensch kennt den Blickwinkel der Krankheit, der Behinderung nicht. Es ist ihr Blind Spot. Was für eine Ironie, dass nur diejenigen die freie Wahl eines Lebensentwurfes als das Geschenk betrachten können, das sie ist, die sie nie selbst erfahren.
Was also bleibt mir als Zufluchtsort? Es ist und war immer die Kunst. Sie ist eine Notwendigkeit. Sie funktioniert, auch wenn ich nicht funktioniere. Vielleicht ist sie sogar das Einzige in meinem Leben, das wirklich immer zur Verfügung stand.
Schreiben als Fenster zur Freiheit
Man könnte jetzt denken: Wer eh so wenig zu verlieren hat, der kann sich doch frei entfalten, sich ausdrücken. Aber ein Leben, das verlangt, dass wir unserer Krankenversicherung jeden Monat mehrere hundert Euro überweisen, erlaubt das nicht.
Kunst, das ist eine Bewegung von Innen nach Außen. Dienstleistung, das ist eine Bewegung von Außen nach Innen. Wenn ich nicht nur Autorin bin, sondern auch meine Schreibkurse gebe, dann sollte ich eine ganz gewisse Art von Content produzieren. Artikel schreiben, die Menschen gefallen. Vielen Menschen. 100 Menschen, wie Patti es über ihr erstes Album sagt, reichen auf Dauer nicht aus. Patti selber hätte die natürlich im Übrigen auch nicht ausgereicht, sie arbeitete in ihren ersten Jahren als Künstlerin in New York immer wieder als Buchhändlerin, um sich finanziell über Wasser zu halten.
Aber ihre Kunst war unberührt davon. Vielleicht ist das ein großer Unterschied zwischen ihr und mir – ihr Broterwerb war räumlich getrennt von ihrer Kunst. In meinem Fall fließen mein Schreiben und mein Broterwerb in Form meiner Schreibkurse im digitalen Raum zusammen. Sollte ich mir ein zweites, ein künstlerisches Autorinnenprofil anlegen? Unabhängig von meiner Tätigkeit als Schreibmentorin? Oft habe ich mich das in letzter Zeit gefragt. Würde mir das mehr kreative Freiheit ermöglichen?
Denn nach was ich mich sehne, außer nach Gesundheit, das ist ein Ort für mein Schreiben, ein Ort, der nur mir allein gehört. An dem ich schreiben kann, was ich schreiben will. An dem ich Gedanken nachgehe, mich in Themen einarbeite, von Buch zu Buch tiefer eindringe und dann, irgendwann, mit einem eigenen Text wieder auftauche, wie mit einem Schatz, den man bei einem Tauchgang in einem alten Schiffswrack gehoben hat.
Ein solcher Ort ist mein Sehnsuchtsort, ein Ort, an dem es keine Rolle spielt, wen das am Ende interessiert, was ich da suche, ertaste und forme. Ein Ort, an dem es keinen Wunsch und keine Notwendigkeit mehr gibt, zu gefallen, an dem das Interesse selbst Belohnung genug ist. An dem meine Texte nur den Sinn haben, mir die Welt zu erschließen oder mir wenigstens eine zu bauen. Und das ist wichtig für mich. Denn weil ich große Teile meiner Lebenszeit an mein Zuhause gebunden bin, lasse ich Worte meine Freiheit sein. Ihre Weite ist, im Gegensatz zu der meines Daseins, grenzenlos. Auch wenn der Rest von mir auch gehemmt und beschwert sein mag. Viele Freuden des normalen, gesunden Lebens sind mit fremd, manche fremd geworden. Aber die Worte bleiben mein Refugium. Ihr Rhythmus, der Puls, durch den ich lebe.
Journalisten nannten Patti Smith früher „Loony“, die Verrückte, des Rock’n’rolls, nahmen Anstoß an ihrer manchmal exzessiven Art, verbannen sie gar aus dem Radio, als sie live in einer Show „Fuck“ sagte. Natürlich wäre ein solches Wort heute kein nennenswerter Aufreger mehr. Aber für die damalige Zeit war Patti eben „verrückt“.
Ich wünsche mir, dass ich mir in Zukunft erlauben kann, verrückter zu sein. In meinen Texten. Wütender. Euphorischer. Nachdenklicher. Energischer. Ich wünsche mir, dass ich mir erlaube, nicht immer anschlussfähig sein zu wollen. Dass ich mir erlaube, dass manches einfach nur geschrieben werden möchte, um den Weg von Innen nach Außen zu gehen.
Denn das Schreiben, zu dem ich mich berufen fühle, muss revolutionär sein. Nicht für die anderen! Für mich selbst. Ich denke: Kunst muss eine persönliche Revolution sein. Du musst dich neu erschaffen durch deine Kunst. Die Grenzen sprengen, die du und das Leben dir setzen. Es geht nicht um die anderen. Sobald du anfängst, Erfolge wiederholen zu wollen oder einen ersten zu planen, bist du künstlerisch tot. Du zwackst dich von der Quelle ab. Der Strom versiegt, der Geist der Kreativität, die Inspiration verziehen sich. Und du hast die Kandare an. Du gehst am Zügel. Schön zwar, aber am Zügel. Und die anderen sind nicht in der Lage, zu beurteilen, ob du am Zügel gehst. Nur du kannst fühlen, wo du noch an der langen Leine läufst und wo du ins Freie stolperst, dorthin, wo du noch nie gegangen bist. Nur du weißt, wo deine Freiheit anfängt.
Natürlich können wir nicht alle Künstler*innen sein, an diesem sagenhaften Ort, an dem wir nur von Luft und Liebe leben. Aber wir können uns Auszeiten nehmen, seelische Ferien, in denen wir versinken in einer Form des Schreibens, die in allererster Linie uns selber nährt. Mit der wir uns selbst erweitern, ausdehnen, verwerfen und neu erfinden. Oder, um es mit Patti zu sagen:
„Ich will jeden Tag etwas spüren. Etwas kreieren. Wissen, dass ich lebe. Wissen, dass ich auf diesem Planeten bin.“
Ich habe gestern jedenfalls eine Liste geschrieben. Eine Liste mit 10 Dingen, die mich mit der Patti-Energie verbinden. Einen Blogartikel zu schreiben, der nicht auf irgendwas hin optimiert ist, gehört auch dazu. Et voila, hier ist er. Vielleicht möchtest du auch eine solche Liste für dich schreiben?
Liebe Anika – tausend Dank für deine lieben Worte zu meinem Text. Das bedeutet mir wirklich viel. Gerade Texte, die direkt und ungefiltert von Herzen kommen, machen uns ja auch so verletzlich. Schön, zu wissen, dass dich meine Worte berühren konnten. Ganz liebe Grüße!
Liebe Kea, DANKE für Deine Zeilen! So offen, klar, stark! Du zeigst Dich verletzlich – das verbindet. Trau‘ Dich, Trau‘ Dich, Trau‘ Dich, Dich weiter so ehrlich & pur auszudrücken. Du brauchst es, Deine Leser*innen brauchen es, um sich besser an ihr ureigenes Leuchten zu erinnern. Weiter so – weiter anders – weiter wie auch immer es gerade in Dir & aus Dir heraus schimmert✨
Hach, Sabine, da wische ich mir ein Tränchen aus dem Augenwinkel! „Eine Erinnerung an das ureigene Leuchten“, das hast du soooo schön gesagt!
Es ist Zeit für dein kreatives Erwachen. Entdecke, wie lebendig es dich macht, etwas Kreatives zu schreiben und deine Texte mit anderen zu teilen. Als deine Mentorin begleite ich dich gerne auf deiner Schreibreise.
6 Comments
Ich liege, wegen meiner Schmerzen im Rücken, mit meinem kleinen Heizkissen auf dem Sofa und lese Deine Zeilen. Und mein Herz klopft und ich fühle mich ganz aufgeregt, weil Deine Worte so mitreißend und nachvollziehbar für mich sind. So voller Puls und dem Wunsch nach unbeschwertem Leben. Ich kann es so nachempfinden. Oh, ich liebe diesen Text. Ich finde es beneidenswert, wenn ein Mensch etwas im Leben gefunden hat, was er kann und was ihn erfüllt und ich freue mich mit diesem Menschen. Mir blieb das mit meinen 48 Jahren bisher verwehrt. Es konnte sich einfach aufgrund des bisherigen Lebensweges schlichtweg nichts entwickeln. Es gab keinen Raum dafür. Aber wer weiß was die Zukunft bringen wird. Ich werde die Augen offen halten.
Du bist auf einem guten Weg liebe Kea und ich wünsche Dir, dass Du auch die letzten Ketten sprengen wirst.
Alles Liebe, Tanja (frl.mimmy)
Liebe Tanja! Auch ich bin sehr berührt durch deine Worte. Hab vielen Dank für deinen einfühlsamen und empathischen Kommentar. Es tut mir leid, dass dein Leben dir bisher nicht den Platz gewährt hat, deine Herzenstätigkeiten zu entdecken und ihnen nachzugehen – finde es aber gleichzeitig so schön und berührend und zutiefst lebendig, dass du darüber nicht verbittert bist (vielleicht an schlechten Tagen durchaus mal und das finde ich auch völlig nachvollziehbar), sondern die Augen weiter offen hältst – ich wünsche dir von Herzen, dass die kommenden Jahre viele Wunder und schöne Momente für dich bereithalten! Herzliche Grüße zu dir! Kea